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Aktuelle Gesetzliche Regelungen Stand Oktober 2022

Aktuelle gesetzliche Regelungen: Oktober 2022

Stand Oktober 2022

Als besonderen Service stellen wir in unserem Blog immer wieder eine Übersicht an aktuellen gesetzlichen Regelungen zusammen: monatlich, kompakt und übersichtlich zusammengefasst. Lesen hier den Stand Oktober 2022

Themenübersicht:

  • „Abschaffung“ der kalten Progression: Auswirkung auf die Personalverrechnung
  • DB-Senkung 2023 und 2024 nur mit lohngestaltender Vorschrift
  • Lohnpfändungswerte für 2023
  • COVID-19-Risikoattest-Regelung wird bis Ende 2022 verlängert
  • Blackout aus arbeitsrechtlicher Sicht

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    „Abschaffung“ der kalten Progression: Auswirkung auf die Personalverrechnung

    Die am 27.10.2022 im Bundesgesetzblatt erschienene Gesetzesnovelle zur „Abschaffung“ der kalten Progression (Teuerungs-Entlastungspaket Teil II, BGBl. I Nr. 163/2022) bringt für das Jahr 2023

    • eine betragsmäßige Anhebung der Tarifstufen der Einkommensteuer (außer bei der obersten Steuerstufe) und
    • eine Erhöhung einiger Steuerabsetzbeträge (insbesondere des Alleinverdiener- bzw. Alleinerzieherabsetzbetrags und des Verkehrsabsetzbetrags).

    Eine auf die Steuerreform zurückgehende Übergangsregelung sieht außerdem beim Steuertarif im Jahr 2023 einen Prozentsatz von 41 % für die dritte Tarifstufe vor.

    Aus all diesen Änderungen ergibt sich für das Jahr 2023 eine in mehreren Punkten adaptierte Lohnsteuertabelle.

      Lohnsteuertabelle 2023
      SD Worx Austria

      Das Teuerungs-Entlastungspaket Teil II bringt neben der „Abschaffung“ der kalten Progression ab 2023 u.a. auch eine Steuerbefreiung im Ausmaß von jährlich bis zu € 200,00 für Arbeitgeberzuschüsse zu privatem Car-Sharing und die viel diskutierte Reduktion des Dienstgeberbeitrags zum Familienlastenausgleichsfonds (DB) (siehe dazu nachfolgend den gesonderten Artikel).

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        DB-Senkung 2023 und 2024 nur mit lohngestaltender Vorschrift

        Nun ist es fix: Der Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds (DB) wird ab 01.01.2023 von 3,9 % auf 3,7 % reduziert. ABER: Die Reduktion gilt für die Jahre 2023 und 2024 nur dann, wenn sie in einer lohngestaltenden Vorschrift vorgesehen ist (§ 41 Abs. 5a FLAG). Erst ab 01.01.2025 soll die DB-Reduktion dann unabhängig einer lohngestaltenden Vorschrift gelten (§ 41 Abs. 5 FLAG).

        Die DB-Senkung setzt also im Zeitraum 01.01.2023 bis 31.12.2024 voraus, dass sie ausdrücklich

        • im Kollektivvertrag, oder
        • in einer vom Kollektivvertrag hierzu ermächtigten Betriebsvereinbarung (d.h. einer Vereinbarung mit dem Betriebsrat), oder
        • in einer Dienstordnung der Gebietskörperschaften oder einer aufsichtsbehördlich genehmigten Dienstordnung der Körperschaften öffentlichen Rechts, oder
        • innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern

        festgelegt ist.

        Anmerkung: Leider sind alle Bemühungen, diese systemwidrige und nutzlose Bürokratiehürde (Anknüpfung an lohngestaltende Vorschrift) aus dem Gesetzesentwurf zu eliminieren, gescheitert. Wie bereits kritisch angemerkt, besteht die Funktion von lohngestaltenden Vorschriften darin, arbeitsrechtliche Themen zu regeln (vor allem: Löhne zu gestalten), und nicht darin, die Höhe von Lohnnebenkosten festzulegen. Bedauerlicherweise hat die Politik die berechtigte Kritik aus der Praxis – mit Ausnahme eines einzigen Nationalratsabgeordneten – völlig ignoriert.

        In den Gesetzeserläuterungen heißt es zur innerbetrieblichen Festlegung (letztgenannte Variante) auszugsweise:

        „Beinhaltet die überbetriebliche lohngestaltende Maßnahme keinen Bezug auf die Lohnnebenkostensenkung, so kann der Arbeitgeber die Lohnnebenkostensenkung auch innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer (bzw. Arbeitnehmergruppen) einseitig festlegen. Eine derartige Festlegung kann formlos erfolgen und bei der Entrichtung des Beitrags vorgenommen werden.“

        Es ist geradezu vorhersehbar, dass sich viele knifflige Detailfragen stellen werden. Eine in der Personalverrechnungs-Community und in Softwarehäusern schon jetzt vieldiskutierte Frage ist etwa, ob als innerbetriebliche Festlegung auch ein kurzer Hinweistext auf den Lohnabrechnungsbelegen ausreichen wird (wie z.B.: „Der Dienstgeberbeitrag gemäß FLAG beträgt für unser Unternehmen 3,7 %“ o.ä.). Da die Gesetzeserläuterungen ausdrücklich die Formlosigkeit der Festlegung betonen, sollte ein Hinweistext am Abrechnungsbeleg ein zulässiger Weg für den reduzierten DB sein. Zu empfehlen ist aus Sicherheitsgründen aber, diesen Hinweis nicht nur einmalig anzubringen, sondern monatlich zu wiederholen, also aus Anlass jeder DB-pflichtigen Lohnzahlung (siehe dazu den Passus in den Gesetzeserläuterungen „Festlegung … bei der Entrichtung des Beitrags“).

        Eine noch völlig ungeklärte Frage ist, ob der reduzierte DB-Satz von 3,7 % auch bei Personen gilt, für die lohngestaltende Vorschriften i.d.R. mangels Arbeitnehmereigenschaft nicht anwendbar sind. Dies betrifft z.B. wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer, freie Dienstnehmer oder im Betrieb mitarbeitende Kommanditisten. Es bleibt abzuwarten, ob und wann es eine offizielle Stellungnahme des zuständigen Bundesministeriums zu dieser und weiteren praxisrelevanten Fragen geben wird. Sobald sich etwas Neues ergibt, werden wir sofort darüber berichten.

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          Lohnpfändungswerte für 2023

          Die Mindestpension (Ausgleichszulagenrichtsatz für alleinstehende Personen), von der sich die Existenzminimums-Werte ableiten, wird mit Wirkung ab 01.01.2023 zusätzlich zum gesetzlichen Anpassungsfaktor von 5,8 % zusätzlich um € 20,00 erhöht:

          € 1.030,49 (Wert 2022) * 1,058 + € 20,00 = € 1.110,26

          Daraus ergeben sich die nachfolgenden (voraussichtlichen) Existenzminimum-Werte für 2023

            Existenzminimum 2023
            SD Worx Austria

            Die offizielle Bestätigung dieser Werte durch das Justizministerium wird noch einige Wochen dauern. Aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre entsprechen die voraussichtlichen Werte im Regelfall auch den endgültigen Werten.

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              COVID-19-Risikoattest-Regelung wird bis Ende 2022 verlängert

              Die Risikogruppen-Regelung (COVID-19-Risikofreistellung), die laut der bisher gültigen Verordnung bis 31. Oktober 2022 auslaufen würde, wird nochmals bis 31. Dezember 2022 verlängert (Verordnung BGBl. I Nr. 396/2022, kundgemacht am 25.10.2022). Das bedeutet für die Praxis:

              • Personen mit ärztlichem COVID-19-Risikoattest haben daher weiterhin Anspruch darauf, dass der Betrieb für besonderen Schutz vor Ansteckung sorgt (z.B. Ermöglichung des Arbeitens im Homeoffice oder in einem Einzelarbeitsraum im Betrieb plus möglichst kontaktloser Hin- und Rückfahrten).
              • Andernfalls sind sie – so wie schon bisher – unter Fortzahlung der Bezüge vom Dienst freizustellen, wobei dem Betrieb die Entgeltfortzahlungskosten durch den Krankenversicherungsträger rückerstattet werden.
              • Ein ärztliches COVID-19-Risikoattest ist gemäß § 735 ASVG (in der seit 1. April 2022 geltenden Fassung) weiterhin nur bei jenen Risikopersonen zulässig, die trotz dreifacher COVID-19-Impfung dem Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs unterliegen oder aus medizinischen Gründen nicht gegen COVID-19 geimpft werden können.

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                Blackout aus arbeitsrechtlicher Sicht

                In letzter Zeit nimmt die Sorge rund um einen möglichen Blackout augenscheinlich zu. Sowohl im privaten Umfeld als auch in den Betrieben gibt es vermehrt Überlegungen, ob und wie man sich für den Fall der Fälle vorbereiten sollte. Folgend haben wir den folgenden Kurzbeitrag zum Thema Blackout zusammengestellt. Im Vordergrund stehen naturgemäß Aspekte aus dem Blickwinkel des Personalwesens und des Arbeitsrechts.

                Was ist ein „Blackout“ und welche Folgen hat dieser?

                Es gibt keine allgemeingültige Definition eines „Blackouts“. Nach dem derzeit üblichen Verständnis wird als Blackout ein länger (mehrere Tage) andauernder und überregionaler Stromausfall bezeichnet. Ein Blackout könnte beispielsweise mehrere Bundesländer, mehrere Staaten oder im Extremfall sogar ganz Europa umfassen. Die Konsequenzen eines Blackouts können sehr vielfältig sein, da im Prinzip nichts mehr funktioniert, was in irgendeiner Form von Strom abhängig ist. Betroffen wären im Falle eines Blackouts beispielsweise

                • Licht, Heizung und Kühlung,
                • Lebensmittel- und Medikamentenversorgung,
                • Wasserversorgung,
                • Verkehrsampeln und Tankstellen,
                • Zug- und Straßenbahnverkehr,
                • Lifte und Aufzüge,
                • Telefon, Internet, Computersysteme,
                • Bankomat, Geldzahlungssysteme u.v.m.
                Wie wahrscheinlich ist es, dass es zu einem Blackout kommen wird?

                Es lässt sich nicht vorhersagen, ob und wann ein Blackout kommen wird. Einige Experten gehen jedoch davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, wann die Zivilgesellschaft mit einem Blackout konfrontiert sein wird. Aus diesem Grund ist es besonders auch für Unternehmen wichtig, für allfällige Blackouts Vorsorge zu treffen.

                Wie können sich Unternehmen auf einen möglichen Blackout vorbereiten?

                Unternehmen sollten sich überlegen, in welchen Bereichen und in welcher Weise sie von einem Blackout betroffen wären. Es empfiehlt sich, entsprechende Notfall- und Alarmpläne in Papierform zu erstellen und bereitzuhalten, auch wenn dies im Zeitalter der Digitalisierung ungewöhnlich klingt. Derartige Notfall- und Alarmpläne sollten auszugsweise folgende Punkte beinhalten:

                • Wie ist der zeitliche Ablauf im Fall eines Blackouts und wer sind die Verantwortlichen für die Einhaltung des Ablaufplans?
                • Welche Sofortmaßnahmen müssen getroffen werden?
                • Wie funktioniert die Kommunikation im Betrieb trotz des Ausfalls der Infrastruktur?
                • Gibt es einen Krisenstab im Unternehmen und wie wird dieser alarmiert?
                • Muss ein Fortbetrieb (z.B. Notbetrieb) aufrechterhalten werden und welche Schritte und Prozesse sind dafür notwendig?
                • Wie wird sichergestellt, dass für einen Fortbetrieb (z.B. Notbetrieb) ausreichend Schlüsselkräfte zur Verfügung stehen?
                Müssen Arbeitnehmer trotz eines Blackouts zur Arbeit erscheinen?

                Ein Blackout-Szenario entbindet Arbeitnehmer nicht automatisch von der Arbeitspflicht. Werden Arbeitnehmer im Betrieb benötigt, wäre die Abwesenheit nur dann gerechtfertigt, wenn

                • die Anreise zum Arbeitsort faktisch unmöglich ist (z.B. durch den Ausfall von öffentlichen Verkehrsmitteln und wenn der Mitarbeiter über kein Auto verfügt) oder
                • die Arbeitsausübung aufgrund sonstiger – als höherwertig anzusehender – Verpflichtungen (z.B. Betreuung von Kleinkindern) unzumutbar ist.

                Arbeitgeber sollten bereits im Vorfeld festlegen, welche Arbeitnehmer als Schlüsselkräfte im Krisenfall vor Ort benötigt werden. Dabei sollten private Umstände der jeweiligen Arbeitnehmer (z.B. Betreuungspflichten) sowie deren Mobilität berücksichtigt werden. Da öffentliche Verkehrsmittel in einem Blackout ausfallen, sind naturgemäß jene Mitarbeiter deutlich besser verfügbar, denen ein eigenes Auto zur Verfügung steht.

                Ob und in welchem Umfang Mitarbeiter von sich aus Vorkehrungen zu treffen haben, hängt natürlich auch davon ab, ob ein Blackout bereits vorhersehbar ist. Gibt es konkrete Anzeichen (z.B. Vorwarnungen in den Medien), haben Arbeitnehmer (besonders jene, die im betrieblichen Notfall- und Alarmplan als Schlüsselkräfte definiert sind) sämtliche zumutbare Vorbereitungen zu treffen, um ihre arbeitsmäßige Verfügbarkeit zu gewährleisten (z.B. ausreichende Betankung des PKW). Die Pflicht zur Anwendung derartiger Vorkehrungen (im Sinne einer Schadensminderungspflicht) ergibt sich aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers.

                Sind Arbeitnehmer zur Überstundenarbeit während eines Blackouts verpflichtet?

                Auch wenn eine Überstundenleistungspflicht normalerweise der Vereinbarung bedarf, besteht im Fall eines Blackouts – da dieser wohl als Notstand zu qualifizieren ist – aufgrund der Treuepflicht auch ohne vertragliche Vereinbarung eine Pflicht des Arbeitnehmers zur Erbringung dringend nötiger Überstunden. Nur besonders schwere Gegeninteressen des Arbeitnehmers (z.B. Betreuung eines Kleinkindes, wenn sonst niemand dafür zur Verfügung steht) könnten einen berechtigten Verweigerungsgrund darstellen.

                Ist der Arbeitgeber während eines Blackouts zur Entgeltfortzahlung verpflichtet?

                Wenn die Arbeitsleistung unterbleibt, ist die Frage der Entgeltfortzahlungspflicht anhand der allgemeinen arbeitsrechtlichen Kriterien zu beurteilen. Bei einem Blackout handelt es sich um ein die Allgemeinheit betreffendes Ereignis höherer Gewalt, das weder der Arbeitgeber- noch der Arbeitnehmersphäre zuzurechnen ist („neutrale Sphäre“). Folglich geht die vorherrschende Rechtsansicht davon aus, dass während eines Blackouts keine Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers besteht.

                Kann für Zeiten eines Blackouts Urlaub vereinbart werden?

                Da für das Unterbleiben der Arbeit während eines Blackouts i.d.R. kein Entgelt gebührt (siehe die Ausführungen im vorigen Punkt), werden Arbeitnehmer aus monetären Gründen durchaus daran interessiert sein, anstatt der entgeltfreien Blackout-Zeit Urlaub zu vereinbaren, um weiterhin Entgelt zu beziehen. Aufgrund der während eines Blackouts chaotischen Verhältnisse und beschränkten Kommunikationsmöglichkeiten wird dies jedoch in der Praxis oft nicht zeitgerecht möglich sein. Übrig bliebe damit nur die Möglichkeit einer rückwirkenden Urlaubsvereinbarung. Während rückwirkende Urlaubsvereinbarungen unter normalen Umständen arbeitsrechtlich sehr problematisch sind, können sie in besonderen Ausnahmefällen als zulässig gewertet werden. Eine auf Wunsch des Arbeitnehmers für die Zeit eines (entgeltfreien) Blackouts rückwirkende Urlaubsvereinbarung ist zweifellos als zulässiger Ausnahmefall anzusehen.

                Was gilt während eines Blackouts für behördliche Meldefristen?

                Es gibt zwar keine allgemeine Regelung, dass behördliche Meldefristen bei einem Blackout automatisch unterbrochen werden, allerdings ist davon auszugehen, dass blackoutbedingte Fristversäumnisse bei Unmöglichkeit der Fristeinhaltung als gerechtfertigt und entschuldigt gelten.

                Beispiel: Der Krankenversicherungsträger hat bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände von Säumniszuschlägen für verspätete monatliche Beitragsgrundlagenmeldungen (mBGM) abzusehen (vgl. § 114 Abs. 7 ASVG). Der gesetzliche Passus „Der Versicherungsträger kann“ räumt der Gesundheitskasse keine Befugnis zur Willkür ein, sondern ist im Sinne pflichtgemäßer Ermessensausübung zu verstehen.

                Unabhängig von dem vorstehend genannten allgemeinen Grundsatz (Entschuldbarkeit blackout-bedingter Meldeversäumnisse) bleibt es dem Gesetzgeber natürlich unbenommen, aus Anlass eines Krisenereignisses – wie etwa einem Blackout – gesetzlich eine besondere „Nachsichtsregelung“ zu erlassen.

                Beispiel: Eine solche Maßnahme ist bisher vor allem aus der Coronakrise bekannt. So wurde beispielsweise durch das aus Anlass des ersten Corona-Lockdowns im März 2020 ergangenen 2. COVID-19-Gesetz (BGBl. I Nr. 16/2020) für verschiedenste Lebensbereiche ausdrücklich festgelegt, dass Fristen unterbrochen werden, und im ASVG wurde die Nichtvorschreibung von Säumniszuschlägen gesetzlich verankert.

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